+++ Liveticker: Rektor Puhl im Stupa – so läuft seine Befragung +++

 In BAStA, Hochschulpolitik

Nicht nur Angela Merkel hatte heute Fragestunde im Parlament. Auch im StuPa der Uni Mannheim wird es heute spannend: Prof. Dr. Thomas Puhl, Rektor der Uni Mannheim, ist zu Gast. Ihm können die Abgeordneten Fragen stellen – so direkt wie noch nie. Hier lest ihr das Protokoll.

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Vor Ort sind Christian von Stülpnagel und Adam Aach.


+++ 19.03 Uhr +++

Es geht fast pünktlich los. Das Präsidium begrüßt die Abgeordneten, die Mitglieder der verfassten Studierendenschaft und sämtliche Gäste. Dann folgt die Erklärung zum Prozedere der heutigen Fragestunde mit Rektor Prof. Dr. Puhl: Jede Hochschulgruppe bekommt so viele Minuten zum Fragestellen, wie Abgeordnete in der Fraktion sitzen: Die lhg beispielsweise mit drei Sitzen im Parlament erhält drei Minuten, usw…

Puhl freut sich in seinem Eröffnungsstatement, da zu sein, weil er den Kontakt zu allen Gremien der Universität suche und ihm der Besuch heute somit ein großes Anliegen ist. Das Präsidium hatte den Rektor zuvor gebrieft: Um welche Themen es grob gehen wird und dass er potenziell zu erwartende Spaßbeiträge der Fraktion Die LISTE nicht allzu ernst nehmen und bitte nicht die Seriosität der Fragestunde und ihren Teilnehmer*Innen anzweifeln soll. Das Präsidium stellt ihm nun die Namen der Fraktionen vor.


+++ 19.11 Uhr +++

„Sagen Sie, wo Ihnen der Schuh drückt“, eröffnet Puhl die Fragerunde. Er schränkt vorsorglich schon mal ein, dass er nicht zu jedem Detail alles weiß.

Zunächst geht es um die Finanzierung der Bibliotheken. Der RCDS stellt eine Frage zu Drittmitteln. „Die staatlichen Mittel sind nicht ausreichend, bei weitem. Sie reichen nichtmal für die Basisaufgabe der Universität“, antwortet Puhl. Das sei die bittere Wahrheit. In anderen Ländern hätten die Hochschule drei Standbeine: Die staatliche Finanzierung, hohe Studiengebühren und Spenden: „Mit denen konkurrieren wir.“ Die Uni habe im vergangenen Jahr rund 80 Millionen Mittel vom Staat, etwas mehr als 20 Millionen Euro an Zweitmitteln (ebenfalls vom Staat, über besondere Förderprogramme) und 26 Millionen Euro an Drittmitteln bekommen. Drittmittel seien deshalb wichtig. „Aber die sind auch anstrengend, die sind Zweckgebunden und dann muss man einen Bericht schreiben, anträge stellen.“


+++ 19.23 Uhr +++

Warum kann man die Drittmittel nicht offenlegen? Von wem kam wie viel, fragt die gahg. „Dann werden die Firmen wieder zurückhaltender. Denn die sagen, ihr Konkurrent soll nicht wissen, an welchem Thema sie gerade forschen“, sagt Puhl. Ob man denn nicht klare ethische Standards, einen Kodex brauche, hakt der SDS nach. Puhl erklärt, dass man beim Thema Stiftungsprofessuren bereits vorsichtig sei. „Ich nehme die Anregung gern auf. Auch wenn wir gerade an Kodices ersaufen, die wir entwerfen müssen.“ Die Jusos begrüßen das.

Puhl konkretisiert: Rund 6,9 Millionen der Drittmittel stammen aus der öffentlichen Hand, etwa für Forschungsprojekte von Ministerien oder der Bundeswehr (und die stehe ja im Grundgesetz). 11 Mio. von der Deutschen Forschungsgesellschaft, 1 Mio. von der EU und anderen Internationalen Organisationen. 1,7 Mio. kommen dann von öffentlichen Stiftungen, 2,4 Mio von sonstigen privaten Spendengebern. „Das ist der Bereich, der hier verdächtig sein könnte, aber da sind auch viele private Stiftungen bei, oder das Deutschlandstipendium.“


+++ 19.38 Uhr +++

Dass und wie die Uni mehr Förderungen und Sponsorings realisieren kann erklärt Puhl jetzt: „Das Geld liegt auf der Straße, wir müssen es nur einwerben.“ Deshalb habe die Uni eine weitere Fundraisingstelle zur intensiveren Koordination der Einwerbung von Drittmitteln geschaffen. Nicht alle Sponsorengelder sind zweckgebunden. Häufig darf die Universität entscheiden, in welche Projekte sie die Fördersummen  investiert. Übrigens gibt es auch eine neue Stelle zur besseren Betreuung der Fakultäten.


+++ 19.40 Uhr +++

Jetzt kommt die LISTE: Puhl habe Ähnlichkeiten mit Peter Lustig, ob das nicht für Probleme gesorgt habe? Ha. Ha. Lieber zurück zu den Drittmitteln: Vor einigen Jahren sei viel Geld der Schwarz-Stiftung von Lidl-Gründer Schwarz durch die Lappen gegangen, bemerkt der RCDS. „Ja, das war bitter, da ging es um sehr viel Geld“, gibt Puhl zu. Man sei nicht zu packen gewesen. Doch das Projekt wäre riesig geworden und habe seine Zeit gebraucht. Es tue weh, dass das Geld an einen der ärgsten Konkurrenten gegangen sei – die TU München.





+++ 19.48 Uhr +++

Nächster Punkt: Die Digitalisierung der Lehre, eines der Kernthemen der lhg. Die fragt nun, warum man bei der Aufnahme von Vorlesungen nicht vorankomme. Puhl: „Wir investieren viel Geld in die Digitalisierung, aber wir haben endliche Mittel“. Es fehle das Geld, in jedem Hörsaal eine Kamera aufzuhängen. Auch ein Grund für den Geldmangel sei die Tatsache, dass die Uni immer noch keinen Inflationsausgleich erhält. Die Uni erlebe jährliche Kostensteigerungen um mehrere Prozent, die allein auf die Inflation zurückzuführen sind. Immer öfter müsse Geld aus den Töpfen zur Qualitätssicherung der Lehre genommen werden (Qualitätssciherungsmittel). Eigentlich eine Zweckentfremdung: Das Geld finanzieren die Studierenden und ist eigentlich für Tutorien gedacht.

Gegen eine stärkere Digitalisierung gebe es doch aber auch Vorbehalte von Lehrenden, bemerken die Jusos: Wie kann man verhindern, das später einige Studis vor Profs sitzen, die nicht aufnehmen? „Wir haben 200 kleine Königreiche“, erwidert Puhl mit Blick auf die Eigenständigkeit der Profs. „Ich will, dass sich das durchsetzt, aber die Profs tun leider nicht immer, was der Rektor ihnen sagt. Wir müssen die Profs überzeugen.“ Er empfiehlt den Studierenden unter anderem, mangelnde Digitalisierung in den Veranstaltungsevaluationen zu kritisieren. Besonders für die sonstigen Anmerkungen würden sich die Dozenten interessieren.


+++ 19.54 Uhr +++

Dass es vor allem an Mitteln und Möglichkeiten fehle, bemerkt auch die lhg: „Wir wollen bald in den größten Hörsälen automatisierte Kameras installiert haben, die auch auf die Bewegung der Dozent*Innen reagieren können.“ Es gebe dafür eine extra Beschäftigtenstelle, die sich um die Aufnahme von Vorlesungen kümmert.

Vor 20 Jahren seien PowerPoint-Folien im Hörsaal ja auch noch fremd gewesen und heute seien digitale Skripte aus Vorlesungen nicht mehr wegzudenken. Puhl hofft, dass sich dieser Umbruch auch beim Thema Vorlesungsaufzeichnung einstellt. Bisher erhalte die Uni jedoch keinen einzigen Cent für diesen in heutigen Zeiten längst notwendigen Ausbau der universitären Infrastruktur.


+++ 19.56 Uhr +++

Und wieder geht es ums Geld: Die Mittel der Exzellenz-Initiative liefen aus, betont der RCDS. Sorgt das für einen Imageschaden? „Exzellenz-Universität waren wir nie, im Oktober laufen Forschungsgelder des Bundes aus. Vom Land gibt es eine rudimentäre Anschlussfinanzierung. Aber im Grunde müssen wir das dann anderweitig finanzieren.“ Insgesamt arbeite man daran, langfristige Finanzierungssicherheit zu bekommen.


+++ 20.03 Uhr +++

Eine Bitte der gahg, Puhl solle seine Aussage, die bei der Eröffnung des Mannheim Forums vor wenigen Wochen gemischte Reaktionen hervorgerufen hatte, genauer erklären: Er sei für eine homogene Studierenschaft, dann man vernünftige Lehre sei nicht mehr möglich wenn sich unter Studierenden mit 1,oer-Abi Leuten mit 3,5er-Schnitt mischten. Heute unterstreicht Puhl dieses Statement sogar erneut: „Ja, unsere Studierendenschaft wird immer heterogener. Wer zum Beispiel nicht so gut Englisch kann, wie für die Vorlesung erforderlich oder dessen Muttersprache nicht Deutsch ist, müsse sich die Vorlesung nachträglich nochmals anhören und widerholen können. „Hier ist Digitalisierung das Stichwort. Wenn unsere Studierenden nicht homogener werden, müssen wir individualisieren. Homogenität würde uns das Leben da leichter machen.“

Die gang hakt nochmal nach: Ob denn am Abiturschnitt tatsächlich unterschiedliche Studienkompetenz festmachen ließe? Puhls Antwort: Die Uni müsse sicherstellen, dass die Studierenden, die nach Mannheim kommen auch fähig sind, ihr Studium zu meistern. Ansonsten verlöre die Uni an Wert auf dem Absolvierendenmarkt. „Wenn wir nicht mehr gut in Rankings sind, verlieren wir Partner und die besten Bewerber.“


+++ 20.08 Uhr +++

Die Jusos haben Fragen zum qualifizierten Atests: „Die werden von Gerichten verlangt“, begründet Puhl. Aus dem Attest müsse nicht die Diagnose angegeben sein, sondern der Grund, weshalb die Prüfung nicht angetreten werden kann. Der Prüfungsausschuss müsse das nachvollziehen können.


+++ 20.10 Uhr +++

Wie schätzt Puhl die Zusammenarbeit mit der VS und dem AStA ein und was kann man verbessern, will AStA-Vorstand Tobias wissen. „Ich finde, das läuft schon seit einigen Jahren gut. Vor einigen Jahren habe ich noch eine viel stärkere Polarisierung unter den Studierenden wahrgenommen. Die eine Hochschulgruppe torpedierte, was eine andere durchsetzen wollte. Das waren amerikanische Verhältnisse, heute sind die zum Glück nicht mehr so extrem.“ Mit dem Concilium stehe das Rektorat mit allen in Kontakt, auch wenn man persönlich natürlich nicht mit jedem gleich gut klar komme.

Auch Puhls Mitarbeiter sieht die Zusammenarbeit zwischen Studierenden und Universitätsverwaltung positiv: „Vor fünf, sechs Jahren hatte man das Gefühl, die Studierenden dachten: ‚Wir sind die Studis, ihr der Feind.‘ Das ist heute nicht mehr so. Die Studierenden arbeiten gut mit und bringen sich ein. Da muss ich ein großes Lob aussprechen.“


+++ 20.15 Uhr +++

Die lhg hakt nochmals beim Thema Anerkennung von Ausbildungsleistungen nach. Sie findet die momentane Handhabe bei der Anerkennung von Leistungen, die an anderen Ausbildungsstätten erbracht wurden zu streng und ungnädig.

„Der Gesetzgeber macht Vorschriften, was geleistet werden muss. Wenn aber eine Leistung nicht anerkannt wird, von der Sie sagen, dass sie anerkannt werden müsste, müssen Sie Widerspruch einlegen und das ganze eskalieren. Am Ende landet das dann auf dem Tisch des Prorektors für Lehre.“ Hier ruft Puhl doch tatsächlich zu studentischem Widerstand gegen die Uni auf. Nicht das einzige Mal am heutigen Abend und sicher zur Überraschung einiger Anwesenden.


+++ 20.24 Uhr +++

Thema Mitarbeitspflicht: „Die neue Regelung wird von den Fakultäten im Einzelnen sehr gut Umgesetzt. Wir sind letztendlich zu einem sehr guten, handhabbaren Vorschlag gekommen. Das fand ich einen ausgesprochen guten Prozess.“ Aber in Veranstaltungen mit diskursiven Charakter müsse es weiter eine Art der Mitarbeitspflicht geben.


+++ 20.25 Uhr +++

Der SDS fragt zu Initiativen und Unternehmen, die immer wieder eingeladen würden, etwa McKinsey. Puhl sagt: Die Initiativen seien ihm wichtig. „Aber wir müssen aufpassen, dass sie kein Einfallstor werden“, etwa für Unternehmen, die nur noch Reklame für ihre Anliegen machten. „Natürlich sind Sie im Beuteschema der Unternehmen, sie sind im Visier von Leuten, die von Ihnen was haben wollen. Da müssen wir das ein bisschen steuern“, sagt Puhl. Hier gebe es einen schwierigen Konflikt: Einerseits wollen die Initiativen sich frei und uneingeschränkt engagieren können, auf der anderen Seite aber vor unternehmerischem Missbrauch geschützt werden.


+++ 20.32 Uhr +++

Die LISTE meldet sich auch mal wieder. „Wir haben ein paar kleine Geschenke für Sie hier. Zum Beispiel haben wir Häppchen vorbereitet.“ „Bei Häppchen bin ich dabei!“, ruft Puhl und greift zu.

Die gahg stellt ihm unterdessen Fragen zur Barrierefreiheit in den Gebäuden der Universität. Vor allem die Räume des AStAs seien nicht gut für Leute im Rollstuhl zu befahren. „Es ist suboptimal, dass wir noch viele Räume haben, die nicht barrierefrei zugänglich sind.“ Das aktuelle Haus der Studierenden im Parkring, wo der AStA derzeit sitzt, sei nur eine temporäre Lösung für die kommenden Jahre. Und das potenzielle neue Gebäude, das im Friedrichspark entstehen soll, werde auf jeden Fall barrierefrei.


+++ 20.38 Uhr +++

Und jetzt kommt noch ein brisantes Thema: Die Raumvergabe an Hochschulgruppen, die zuletzt nur noch schwer oder gar nicht bewilligt wurde. Hochschulgruppen, darunter die Jusos und lhg hatten keinen Raum für ihre Veranstaltungen bekommen oder ihnen wurde kurzfristig und unbegründet abgesagt. Das habe offiziell mit einer sechsmonatigen Sperre vor anstehenden Wahlen zutun, wie es Landes- und Bundesgesetze vorgeben.

Die lhg hakt nach: Der AKB oder das Mannheim Forum könne aber Politiker einladen. „Sechs Monate ist zu lang“, gibt Puhl zu, „aber wir arbeiten an einer Lösung für eine ausgewogene Vergabe für alle Parteien.“ Aber generellen Wahlkampf dürfe es nicht geben. Und es müsse ein inoffizielles Gremium zur Vergabe geben. „Kurzfristige Absagen darf es nicht geben, Sie brauchen Planungssicherheit.“


+++ 20.43 Uhr +++

Und nochmal die LISTE: Sie überreicht dem Rektor ihren Nacktkalender und lädt den Rektor Puhl zu ihrer anschließenden Puhl-Party ein. Welche Meister der flachen Situationskomik.


+++ 20.45 Uhr +++

Und das war es, Puhl geht, das StuPa macht zehn Minuten Pause. Anschließend wird die Sitzung mit der normalen Tagesordnung weiterlaufen. Wir verabschieden uns an dieser Stelle und belassen es für heute bei der Fragestunde mit Unirektor Prof. Dr. Thomas Puhl.


Euer bAStA-Team

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