„Was haben Sie mit der Uni vor, Herr Puhl?“

 In BAStA, Hochschulpolitik

Prof. Dr. Thomas Puhl wird am 1. Oktober neuer Rektor an der Universität Mannheim. Er folgt auf Prof. Dr. Ernst-Ludwig von Thadden. In Bonn geboren und dort sowie in Genf studiert, wollte er ursprünglich in die Politik oder Richter werden. Schließlich entschied er sich doch für eine universitäre Laufbahn und habilitierte sich als Staatsrechtler in Heidelberg. Seit 1996 ist er an der Universität Mannheim, zuletzt als Prorektor. Welche Schwerpunkte er in seiner Amtszeit setzen möchte, hat er der bAStA im Interview erzählt.


Die bAStA: Herr Puhl, warum wollten Sie Rektor der Uni Mannheim werden?

Prof. Dr. Thomas Puhl: Nun ja, ich glaube, dass ich eine ausgleichende Rolle an der Uni spielen kann. Das lernt man als Jurist: Ein Vergleich, der alle Interessen berücksichtigt und in dem beide Seiten sich wiederfinden, ist besser als das Urteil einer Richterin. Dazu gehört das ‚Audiatur et altera pars‘: man muss immer auch die andere Seite anhören, um sich ein Bild zu machen. Darauf und auf transparente Kommunikation kommt es als Rektor an. Dazu kommt die Kontinuität. Ich habe den Verein schon ein paar Jahre als Prorektor kennengelernt. Ein ganz neuer Rektor hätte lange gebraucht, bis er überhaupt weiß, „wo‘s lang geht“, wer die richtigen Ansprechpartner sind, wem er was zutrauen kann, mit wem er drei Mal reden muss.


Was werden Schwerpunkte Ihrer Amtszeit sein?

Da gibt es viele Punkte. Wir müssen den guten Ruf der Uni in Forschung und Lehre weiter stärken, sowie die Vernetzung unter den Fächern: Also in Jura machen wir „Unternehmensjura“ und in der Phil Fak den BaKUWI und so weiter. Wenn man sich unsere Rankings anschaut und die Wissenschaftler und Studierenden, die zu uns kommen, sieht man, dass das Profil angenommen wird und erfolgreich ist. In der Forschung aber müssen wir weiterkommen, da haben wir zuletzt in der Exzellenzinitiative nicht gepunktet, das ist bitter. Wir müssen schauen, dass wir mehr im Verbund forschen, auch mit Partnern über Mannheim hinaus. Da müssen wir stärker werden. Viele gute Projekte sind auf dem Weg, die müssen wir fortführen. Dann werden in den nächsten Jahren finanzielle Weichen gestellt, vor allem durch das und mit dem Land. Wir müssen dabei u.a. zusehen, dass sich die „Betreuungsrelationen“ verbessern: Wir brauchen entweder mehr Personal oder die Anzahl an Studierenden, und damit unsere Überlast, muss gesenkt werden Eine Herausforderung ist die wachsende Heterogenität unserer Studierenden. Wir haben z.B. mehr Studierende aus Nicht-Akademiker-Haushalten als vor einigen Jahren, mehr mit ausländischer Hochschulzugangsberechtigung. Die stellen neue, individuellere Anforderungen an gute Lehre. Da müssen wir gute Arbeit leisten und in kleineren Gruppen arbeiten. Und wir benötigen angesichts neuer Aufgaben einen realen Mittelaufwuchs, zumindest aber einen vollständigen Inflationsausgleich, z.B. für gestiegene Hilfskraft- oder Bibliothekskosten.


In welchen Bereichen der Lehre kann die Uni Mannheim noch nachbessern?

In der Digitalisierung zum Beispiel, das ist ein Thema, das mir besonders am Herzen liegt. Da sind wir noch nicht so weit wie andere. Denn die sog. SQL-Mittel vom Bund haben wir damals in die wichtige Internationalisierung der Uni gesteckt, da sind wir jetzt spitze in Deutschland. Aber bei der Digitalisierung hinken wir dafür etwas hinterher. Und die scheint mir wichtig zu sein, gerade um die Präsenzlehre zu verbessern. Die ist für mich das A und O. Wenn man sie vom Ballast des „Vorlesens“, also der reinen Wissensvermittlung, etwas entlasten kann, dann sollten wir das tun, etwa wenn man den Inhalt genauso mit einem Video vermitteln kann. So haben die Lehrenden im Hörsaal nachher mehr Zeit, um den Stoff zu vertiefen, einzuüben und mit den Studierenden zu diskutieren. Das will ich mit eLearning fördern. In zehn Jahren werden wir solche Angebote, die heute neu sind, so nutzen wie jetzt PowerPoint-Präsentationen, die sich auch erst schrittweise entwickelt haben.


Prof. Dr. Thomas Puhl im Gespräch mit bAStA-Redakteurin Pauline Hoffmann in dessen Büro.


Wie wird es mit Ihnen persönlich weitergehen, werden Sie weiter Vorlesungen geben?

Nein, finito – leider! Das tut etwas weh. Denn ich bin gerne im Hörsaal, auch deswegen bin ich Prof geworden. Ich gehe mit einiger Wehmut durch dieses wohl letzte Semester als Dozent.


Werden Sie denn weiter forschen?

In den nächsten sechs Jahren geht auch das leider nicht, der Tag hat eben nur 24 Stunden. Aber dafür kann ich anderen den Rücken freihalten und dabei mithelfen, anderen hoffentlich gute Arbeitsbedingungen zu schaffen – es gibt ja bei uns genug jüngere Leute, denen noch was Neues einfällt. Mein Job wird sein, denen das Leben leichter zu machen. Und ich glaube, dass ich das ganz gut kann.


 Wie wichtig wird Ihnen als Rektor denn der Kontakt zu den Studierenden sein?

Sehr wichtig. Es ist eine zentrale Aufgabe der Uni, ihre Studierenden optimal auf ihre Zukunft in Beruf und Gesellschaft vorzubereiten. Das gelingt uns, wenn man z.B. Absolventenbefragungen und Rankings trauen kann, sehr gut. Die Zusammensetzung unserer Studierenden ist aber im Fluss, ihre Bedürfnisse und die Anforderungen von Arbeitsmarkt, Technik und Gesellschaft wechseln. Deshalb müssen wir immer wieder neu den Kontakt suchen und genau hinhören. Die Studierenden bereichern im Übrigen diese Universität – mit ihren Leistungen mehren sie, v.a. als Absolventen, unseren Ruf und machen Mannheim für neue Studieninteressierte, aber auch für Wissenschaftler/innen attraktiv. Ihre Neugierde gibt uns Anstöße, sie stellen enorm viel auf die Beine. Schauen sie sich allein diese vielen Studierendeninitiativen an. Die Studierenden sind nebenbei auch unsere solideste Finanzierungsquelle. Der Kontakt zu ihnen ist daher wichtig und wir setzen uns seit dem letzten Rektorat, auch ohne besonderen Anlass, zweimal im Semester mit AStA, Stupa und Fachschaften zusammen und tauschen uns in einem „Concilium“ aus. Das ist wichtig, damit wir wissen, wo der Schuh drückt. Ich bin aber auch jenseits förmlicher Termine jederzeit ansprechbar.


Jetzt haben Sie für die Universität die Klage wegen der Anwesenheitspflicht vertreten. Wird Ihnen das im Wege stehen?

Überhaupt nicht. Wir hatten eine sachliche Auseinandersetzung, v.a. mit einigen AStA-Vertretern – inhaltlich übrigens viel weniger grundsätzlich, als z.T. in den Medien wiedergegeben. Und damit sind wir sachlich umgegangen. Die Richter haben den Streit um Anwesenheitspflichten in Lehrveranstaltungen dabei am Ende auch nicht wirklich entschieden, sondern im Grunde nur gesagt, dass die Klausel, die in einer unserer Prüfungsordnungen Anwesenheitspflichten ermöglicht, zu vage formuliert ist. Da müssen wir nachbessern; und wir sind – auch im Diskurs mit den Studierenden – gerade dabei.

Dabei wollen wir tunlichst vermeiden, evtl. wegfallende Anwesenheitspflichten durch schwerere Prüfungen auszugleichen. Ich denke, unsere Prüfungen sind in den meisten Fällen so gut, wie sie sind. Allerdings decken sie nicht alles ab. Deshalb wollen wir da auf der Anwesenheit von Studierenden bestehen, wo sie wirklich wichtig für deren Lernerfolg ist. Das gilt v.a. für unsere diskursiven Kleingruppenveranstaltungen. Wenn man in einem Seminar nicht mehr in der Gruppe diskutiert und Argumente austauscht, seine Position verteidigt, entwickelt oder korrigiert, dann ist die Uni was Anderes als wir wollen, keine Gemeinschaft mehr von Lehrenden und Lernenden auf dem Weg. Dann sind wir nur noch eine Einrichtung, die einen Stempel unter irgendein Zeugnis drückt, weil man eine Klausur bestanden hat. Deswegen wollen wir weiter eine Anwesenheitspflicht in solchen Kleinveranstaltungen. Natürlich auch da nicht zu „100 Prozent“, man kann sicher ein, zwei Mal kommentarlos fehlen, und wer krank war, wohl auch mehr.


Bis wann schätzen Sie, dass die Regelungen präzisiert werden? Bis zum Herbst-Winter-Semester?

Mein Wunsch wäre das in der Tat. Aber daran sind viele Einzelpersonen und Gremien zu beteiligen, mögliche Besonderheiten in über 50 Studiengängen zu berücksichtigen – das ist nicht unkompliziert. Deswegen ist nicht sicher, ob wir das pünktlich bis zum Herbst schaffen. Wenn nicht, dann haben das jedenfalls nicht die Studierenden auszubaden.


Wie würden Sie ihr Verhältnis zum AStA beschreiben und wie soll es sich entwickeln?

Das Verhältnis ist gut. Wir haben an der Uni Mannheim großes Glück, Studentenstreiks, Hörsaalbesetzungen oder so etwas, das sind bei uns Fremdworte. Mit dem einen kommt man vielleicht besser zurecht als mit dem anderen, aber insgesamt schätzen und pflegen wir ein gutes Gesprächsklima und haben ein sehr gutes Verhältnis zu den Studierendenvertretern. Aus welchem politischen Lager sie kommen, ist für uns dabei nicht bedeutsam – es geht nicht um ideologische Auseinandersetzungen, sondern um pragmatische Lösungen. Und das soll so bleiben. Natürlich kann man es nicht immer allen gleich Recht machen. So waren wir jetzt in einer Not mit den Räumen. 52.000 Euro, die wir durch den Umzug des AStAs in den Parkring jährlich an Miete sparen, sind ein Haufen Geld, auch wenn die neuen Räumlichkeiten vielleicht nicht ganz so günstig sind wie die bisherigen. Aber wir haben, so gut es ging, nachgebessert und der neue AStA-Vorsitzende hat schon signalisiert, dass es läuft und der AStA das schafft. Und wenn es doch noch ein Problem geben sollte, z.B. mit der Behindertengerechtigkeit, dann wird das gelöst, indem wir da etwa einen Treppenlift einbauen, bevor jemand wegen der Treppe nicht im AStA mitarbeiten kann.


Die bAStA sagt danke für das Interview und wünscht ihnen eine erfolgreiche Amtszeit als Rektor unserer Uni!


Das Interview führten Pauline Hoffmann und Christian von Stülpnagel

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