Freier Diskurs, Neutralität um jeden Preis oder ein gangbarer Mittelweg?

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Seit dem Amtsantritt von Rektor Prof. Dr. Puhl beklagen sich politische und religiöse Hochschulgruppen vermehrt darüber, dass sie keine Veranstaltungsräume mehr zur Verfügung gestellt bekommen. Eine Vorstellung der geäußerten Positionen von Elias Heppner.

 

Die Hochschulgruppen: Politische Willensbildung, Transparenz und Fairness

Immer häufiger werden Hochschulgruppen Räume für Veranstaltungen mit parteipolitischen Rednern oder religiös motivierten Thematiken verwehrt. So wurde der Muslimischen Hochschulgruppe (MHG) der Universität Mannheim z.B. kein freier Raum für ihren Iftar-Abend gegeben, der Liberalen Hochschulgruppe (LHG) wurden für „eine Veranstaltung mit Christian Lindner sehr kurzfristig mit Verweis auf die Europawahlen Räumlichkeiten der Universität versagt (geplant für Anfang Dezember, angemeldet Anfang Oktober)“. Für die regelmäßigen Treffen der Hochschulgruppen bestehe allerdings kein Problem.

Auch andere Hochschulgruppen haben Kommunikationsschwierigkeiten und Vergabeprobleme mit dem Rektorat, wie Philipp Barkentin von der Juso-HSG und Gabriele Landner von der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) berichten. Teilweise seien die Vergabeprinzipien und Begründungen aber auch schon unter der Leitung von Rektor Prof. Dr. Von Thadden nicht eindeutig kommuniziert worden und Räume mit kurzen, undurchsichtigen Antworten verweigert worden. „Wir konnten leider aus der knappen Antwort nicht heraus schließen, auf welchen Gründen die Absage basiert“, so z.B. auch der Vorstand der MHG.

Ärgerlich sei es, dass für die religiösen Hochschulgruppen keine verbindlichen Regelungen auffindbar seien, so Frau Landner. Die religiösen Hochschulgruppen seien laut Rektorat nicht akkreditierbar, werden also nicht als studentische Initiativen anerkannt. Infolgedessen gäbe es keine Sicherheiten, egal ob es um die Anmeldung von Räumen, Flyern oder Ständen geht.

Aufgrund der aktuellen Situation haben die Jusos HSG, der Ring-Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) sowie die LHG einen „Antrag zum Rahmen der Universität Mannheim für politische Hochschulgruppen, politische Veranstaltungen und Politik im Allgemeinen“ in der letzten Studierendenparlamentssitzung eingereicht. Sie fordern klare Begründungen für Veranstaltungsabsagen und transparente Rahmenregelungen für die Raumvergabe. „Die Universität soll und darf nicht parteiisch agieren!“, wie es im Antrag heißt. Ausgenommen sollen Zeiträume zwei Wochen vor „relevanten Wahlen“ (Mannheimer Kommunalwahl, Landtags- und Bundestags sowie Europawahlen) seien, wenn die Referierenden für politische Ämter kandidieren oder bereits Amtsträger*innen sind. „Es müssen transparente Regelungen geschaffen werden. Unsere Uni braucht Veranstaltungen zur politischen Meinungsbildung!“, so Elena Duelz von der grün-alternativen Hochschulgruppe, die sich hinter den Antrag stellt.

 

Das Rektorat: Neutralität zum Schutz

Für das Rektorat auf der anderen Seite gelte prinzipiell die staatliche Neutralitätspflicht, welche besonders in einem Zeitraum von acht Wochen vor denselben relevanten Wahlen wichtig sei. Das Rektorat nehme die staatliche Neutralitätspflicht gegenüber religiösen und politischen Hochschulgruppen „sehr ernst und verschreibt sich daher auch außerhalb dieser Phase einem internen Neutralitätsprinzip“, so Linda Schädler, Pressesprecherin des Rektorats. Somit sollen Räume nur dann zur Verfügung gestellt werden, wenn es sich um „ein explizit hochschulpolitisches Thema bzw. eine Veranstaltung von Universitätsangehörigen für Universitätsangehörige handelt“. Zurzeit werden innerhalb der Verwaltung neue Richtlinien erarbeitet, so Frau Schädler weiter. „Das Rektorat schätzt das große Engagement der Studierenden und möchte auch den politischen und religiösen Hochschulgruppen eine Plattform für die Bewerbung ihrer Inhalte geben, die mit dem Neutralitätsgebot vereinbar ist“. Die Meinungen und Vorstellungen der Hochschulgruppen sollen miteinbezogen werden.

Die LHG bemängelt: „Wir sehen darin (der Neutralitätspflicht) einen einfachen Vorwand, Veranstaltungen politischer Hochschulgruppen zu untersagen, denn bei Vergabe von Räumen macht sich die Universität als Institution natürlich nicht die Meinung der Vortragenden zu eigen“.

Wir richteten die Frage an das Rektorat, was seiner Ansicht nach gegen eine Neutralität, die sich darin versteht, allen politischen und religiösen Strömungen, die das Grundgesetz und die freiheitlich-demokratische Grundordnung anerkennen, gleichberechtigt Räume zur Verfügung zu stellen, spräche?

Die Universität „will und kann sich nicht anmaßen zu beurteilen, welche politischen und religiösen Gruppierungen sich tatsächlich zum Grundgesetz und der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen.“ Die Gefahr bestehe darin, dass in Zukunft auch Gruppen, die sich gegen das Grundgesetz und die freiheitlich-demokratische Grundordnung stellen, Räume verlangen würden, und die Absichten der Gruppen nicht „auf den ersten Blick“ erkennbar oder beurteilbar seien.

Auch Rektor Puhl äußerte sich bereits ähnlich zu der Thematik. Bei seiner Eröffnungsrede des Mannheimer Forums betonte auch er, dass Gruppierungen, die keine sozialen oder gemeinnützigen Ziele verfolgen, „Jagd auf die Studierenden“ machen würden. In seiner Rede im Studierendenparlament sprach er davon, dass an einer „Lösung für eine ausgewogene Vergabe für alle Parteien“ gearbeitet wird. „Kurzfristige Absagen darf es nicht geben, Sie brauchen Planungssicherheit.“

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