Neue Orientierungen beim Mannheim Forum

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Vom 21. bis zum 23. März war es wieder soweit: Zum siebten Mal lud das Team der Studierendeninitiative „Mannheim Forum“ Interessierte aus aller Welt zum Netzwerken, Diskutieren und Austauschen. Dieses Jahr standen die drei Tage unter dem Motto „neuOrientierung“ – ein Thema, worüber Studierende wohl öfter nachdenken.

Große Namen und buntes Treiben junger Menschen aus aller Welt bestimmen die Einführungsveranstaltung im Nationaltheater Mannheim am Donnerstagabend. Nach ein paar Worten seitens der Veranstalter beschäftigt sich der Rektor der Universität Mannheim, Prof. Dr. Thomas Puhl, in seiner Eröffnungsrede mit der Frage, was denn zuerst da war, das Neue oder die Orientierung, angelehnt an die bekannte Henne-Ei-Frage. Seine Rede ist eine Lobeshymne an die Initiativkultur an der Uni Mannheim, die sein Rektorat so gut es geht fördern wolle – sofern sie gemeinnützig, unabhängig und überparteilich ist. Doch mit seiner Rede eckt Puhl an: Als er sagt, dass er sich homogene Studiengänge wünsche, da man mit einer Gruppe aus Schülern mit 1,0- und 3,5-Schnitt nicht ordentlich lehren könne, entsteht Unruhe auf den gut gefüllten Rängen des Schauspielhauses. Und auch, dass ihm der Name der Klimaaktivistin Greta Thunberg nicht einfallen mag und er sie stattdessen nur als „dieses skandinavische Mädchen“ bezeichnet, kommt beim Publikum nicht gut an.

Das skandinavische Mädchen

Highlight des Abends ist aber die Rednerin Anja Förster. Eigentlich war Sigmar Gabriel als Redner eingeplant, der dann jedoch aus terminlichen Gründen abgesagt hatte. Sogar für eine Videobotschaft war keine Zeit mehr. Der Auftritt von Förster war jedoch mehr als ein guter Ersatz: Die Buchautorin und Mitgründerin der Initiative „Rebels at Work“ richtet sich mit ihren Einstiegsworten direkt an alle Studierende, Absolvent*innen und Berufseinsteiger*innen. Bereits an der Universität sollen junge Menschen dazu angeleitet werden, einen rebellischen Geist zu entwickeln, der sich auch mal traut, den Status quo kritisch zu hinterfragen. Doch werden solche Querdenker nicht eher als Störenfriede in traditionellen, konservativen Unternehmen aufgefasst? Mag sein. Dennoch rät Förster zu Mut, die eigene Stimme gegen den Konformismus zu erheben, „rebellisch“ zu sein eben.

Damit trifft sie bei den Besuchern und Besucherinnen des Mannheim Forum genau ins Schwarze: „Was Förster gesagt hat, fand ich super inspirierend. Es stimmt einfach, was sie sagt“, meint zum Beispiel Lea. Lena, ebenfalls VWL-Studentin, fügt hinzu: „Aus ihrem Vortrag nehme ich auf jeden Fall etwas mit.“ Sie will aber auch kritische Worte an Rektor Puhl loswerden: „Die Abi-Note ist kein Maßstab für Persönlichkeit, von der er ja sagte, dass sie so wichtig wäre. Und es ist enttäuschend, dass er eine der wichtigsten Personen unserer Zeit [gemeint ist Greta Thunberg, Anm. d. Red.] nicht beim Namen nennen kann.“ Lea und Lena nehmen jeweils das erste Mal am Mannheim Forum teil, sie gehen ohne große Erfahrungen in die Konferenz. Doch egal ob Erstbesucher*in oder alter Hase, eins war den meisten gemein: Ein Highlight war zweifelsohne der hohe Besuch aus der Hauptstadt am Freitag. Annegret Kramp-Karrenbauer, Bundesvorsitzende der CDU, Kevin Kühnert, Bundesvorsitzender der Jusos sowie Barbara Hendricks, ehemalige Bundesumweltministerin lieferten sich nebst Marcel Schütz und Christian Scholz eine hitzige Diskussion, die der restlos überfüllte Hörsaal SO 108 gebannt verfolgt.

Gehen die sogenannten „X- und Y-Generationen“ in der Tiefe der digitalen Trägheit unter oder können sie dabei helfen, eine erstrebenswerte Zukunft mitzugestalten?

Doch nicht die bekannten Gesichter, die man sonst nur vom Rednerpult im Bundestag kennt, machen den Austausch so interessant. Vielmehr waren es ihre Ansichten über eines der bedeutsamsten Themen der Jugend, nämlich die Anforderungen an eben diese Generation. Kein Wunder also, dass unter anderem ein Thema angerissen wird, mit dem die „Millennials“ vertraut sind, nämlich der Umbruch des Internets. Die bevorstehende Reform des Urheberrechts, darunter die umstrittenen Upload-Filter, sorgten im Plenum für Uneinigkeit. Doch spätestens bei der daraus resultierenden Frage fühlten sich alle betroffen. Gehen die sogenannten „X- und Y-Generationen“ in der Tiefe der digitalen Trägheit unter oder können sie dabei helfen, eine erstrebenswerte Zukunft mitzugestalten? Die Antwort folgt prompt: weg von Schubladendenken und Label-Aufdrücken, stattdessen neue Wege bestreiten. Eigene Ansichten und Überzeugungen sollte man eben nicht nach seinem Jahrgang richten, sondern sich mit Andersdenkenden auf Diskussionen einlassen, seine Meinung kundtun und offen für Veränderung sein. Trotz unterschiedlicher Parteizugehörigkeiten und den damit verbunden Gesinnungen sind sich die Rednerinnen und Redner in ihren Schlussworten, mit denen sie sich direkt an die Studierenden wenden, dennoch einig: Wem es gelingt, Leidenschaft und Beruf zu vereinbaren, der kann im Leben nur gewinnen.

Von Elena Panzeter und Christian von Stülpnagel


 


Fotos: Christian von Stülpnagel und Adam Aach

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